Gruppenhomomorphismus
Bei einem Gruppenhomomorphismus handelt es sich um einen Homomorphismus (also um eine strukturerhaltende Abbildung) zwischen zwei Gruppen.
Definitionen
(Gruppen-)Homomorphismus
Gegeben seien zwei Gruppen \(\mathcal{G}_1 = \bigl(G_1,\star\bigr)\) und \(\mathcal{G}_2 = \bigl(G_2,\diamond\bigr)\). Eine Abbildung \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) wird (Gruppen-)Homomorphismus genannt, wenn sie strukturerhaltend ist, d. h., wenn für alle Elemente \(a,b \in G_1\) stets die folgende Eigenschaft gilt:
In Worten: Es ist egal, ob die Elemente zunächst verknüpft und anschließend abgebildet werden, oder ob die Elemente zunächst abgebildet und anschließend ihre Bilder verknüpft werden.
Die Menge aller Gruppenhomomorphismen von \(\mathcal{G}_1\) nach \(\mathcal{G}_2\) wird mit \(\operatorname{Hom}(\mathcal{G}_1,\mathcal{G}_2)\) bezeichnet.
Bild und Kern
Beim Bild eines Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) handelt es sich um die Bildmenge von \(G_1\) unter \(\varphi\), also um die Menge der Elemente aus \(G_2\), auf die die Elemente aus \(G_1\) abgebildet werden:
Beim Kern eines Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) handelt es sich um die Elemente aus \(G_1\), die auf das neutrale Element \(e_\diamond \in G_2\) abgebildet werden:
Es gilt \(\operatorname{Bild}(\varphi) \subseteq G_2\) und \(\operatorname{Kern}(\varphi) \subseteq G_1\). Die Abbildung \(\varphi\) ist genau dann injektiv, wenn der Kern von \(\varphi\) nur das neutrale Element \(e_\star \in G_1\) enthält, und genau dann surjektiv, wenn \(\operatorname{Bild}(\varphi) = G_2\) gilt. Es handelt sich beim Bild von \(\varphi\) um eine Untergruppe der Gruppe \(\mathcal{G}_2\).
Verkettung von Gruppenhomomorphismen
Handelt es sich bei \(\varphi_1: G_1 \rightarrow G_2\) und bei \(\varphi_2: G_2 \rightarrow G_3\) um zwei Gruppenhomomorphismen, so handelt es sich bei ihrer Komposition \(\varphi_2 \circ \varphi_1: G_1 \rightarrow G_3\) ebenfalls um einen Gruppenhomomorphismus.
Die Komposition von injektiven bzw. surjektiven Gruppenhomomorphismen ist selbst wieder injektiv bzw. surjektiv.
Punktweise Addition von Gruppenhomomorphismen
Gegeben seien eine Gruppe \(\mathcal{G}_1 = \bigl(G_1,\star\bigr)\) sowie eine kommutative Gruppe \(\mathcal{G}_2 = \bigl(G_2,\diamond\bigr)\). Für alle \(\varphi_1,\varphi_2 \in \operatorname{Hom}(\mathcal{G}_1,\mathcal{G}_2)\) und alle \(a \in G_1\) kann eine punktweise Addition wie folgt definiert werden:
Die Menge \(\operatorname{Hom}(\mathcal{G}_1,\mathcal{G}_2)\) aller Gruppenhomomorphismen \(G_1 \rightarrow G_2\) bildet gemeinsam mit der punktweisen Addition eine kommutative Gruppe. Die Kommutativität von \(\mathcal{G}_2\) ist zwingend erforderlich, damit es sich bei \(\varphi_1+\varphi_2\) selbst wieder um einen Gruppenhomomorphismus handelt; es gilt:
Bei (1) und (4) wird die Definition der punktweisen Addition verwendet, bei (2) die Definition eines Homomorphismus und bei (3) die Kommutativität in \(\mathcal{G}_2\).
Eigenschaften
Neutrales Element
Gemäß der Definition eines Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) gilt für alle \(a \in G_1\) und das neutrale Element \(e_\star \in G_1\) stets
Das Element \(\varphi(e_\star) \in G_2\) ist folglich links- und rechtsneutral (und somit neutral) bezüglich der Verknüpfung \(\diamond\).
In Worten: Das neutrale Element von \(\mathcal{G}_1\) wird auf das neutrale Element von \(\mathcal{G}_2\) abgebildet.
Inverse Elemente
Gemäß der Definition eines Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) gilt für alle \(a \in G_1\), die dazu inversen Elemente \(a^{-1} \in G_1\) und die neutralen Elemente \(e_\star \in G_1\) und \(e_\diamond \in G_2\) stets
Das Element \(\varphi(a^{-1}) \in G_2\) ist folglich links- und rechtsinvers (und somit invers) zum Element \(\varphi(a) \in G_2\).
In Worten: Die inversen Elemente in \(\mathcal{G}_1\) werden auf die inversen Elemente in \(\mathcal{G}_2\) abgebildet.
Arten von Gruppenhomomorphismen
(Gruppen-)Monomorphismus
Ein Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) wird (Gruppen-)Monomorphismus genannt, wenn die Abbildung \(\varphi\) injektiv ist.
(Gruppen-)Epimorphismus
Ein Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) wird (Gruppen-)Epimorphismus genannt, wenn die Abbildung \(\varphi\) surjektiv ist.
(Gruppen-)Isomorphismus
Hauptartikel: Gruppenisomorphismus
Ein Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) wird (Gruppen-)Isomorphismus genannt, wenn die Abbildung \(\varphi\) bijektiv ist.
Ist \(\varphi: G_1 \rightarrow G_2\) ein Gruppenisomorphismus, so ist auch die Umkehrfunktion \(\varphi^{-1}: G_2 \rightarrow G_1\) ein Gruppenisomorphismus und die Gruppen werden isomorph genannt. Sie stimmen für nahezu alle Zwecke überein und unterscheiden sich nur durch die Bezeichnungen ihrer Elemente.
(Gruppen-)Endomorphismus
Ein Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G \rightarrow G\) einer Gruppe in sich selbst wird (Gruppen-)Endomorphismus genannt.
Die Menge der Gruppenendomorphismen einer Gruppe \(\mathcal{G}\) bildet gemeinsam mit der Komposition \(\circ\) ein Monoid.
Die Menge der Gruppenendomorphismen einer kommutativen Gruppe \(\mathcal{G}\) bildet gemeinsam mit der punktweisen Addition eine Gruppe, die als Endomorphismengruppe \(\operatorname{End}(\mathcal{G})\) von \(\mathcal{G}\) bezeichnet wird. Gemeinsam mit der Komposition \(\circ\) bildet \(\operatorname{End}(\mathcal{G})\) sogar einen Ring, der als Endomorphismenring von \(\mathcal{G}\) bezeichnet wird.
(Gruppen-)Automorphismus
Ein Gruppenhomomorphismus \(\varphi: G \rightarrow G\) einer Gruppe in sich selbst wird (Gruppen-)Automorphismus genannt, wenn die Abbildung \(\varphi\) bijektiv ist.
Die Menge der Gruppenautomorphismen einer Gruppe \(\mathcal{G}\) bildet gemeinsam mit der Komposition \(\circ\) eine Gruppe, die als Automorphismengruppe \(\operatorname{Aut}(\mathcal{G})\) von \(\mathcal{G}\) bezeichnet wird.
Beispiele
Triviale Beispiele
- Für beliebige Gruppen \(\mathcal{G}_1 = \bigl(G_1,\star\bigr)\) und \(\mathcal{G}_2 = \bigl(G_2,\diamond\bigr)\) handelt es sich bei der Nullabbildung, die alle Elemente aus \(G_1\) auf das neutrale Element \(e_\diamond \in G_2\) abbildet, um einen Gruppenhomomorphismus. Sein Kern umfasst ganz \(G_1\).
- Für eine beliebige Gruppe \(\mathcal{G} = \bigl(G,\star\bigr)\) handelt es sich bei der identischen Abbildung \(\id_G: G \rightarrow G\) mit \(\id_G(a)=a\) um einen Gruppenisomorphismus.
Nichttriviale Beispiele
- Bei der Exponentialfunktion handelt es sich um einen Gruppenhomomorphismus zwischen der additiven Gruppe \(\bigl(\R,+\bigr)\) der reellen Zahlen \(\R\) und der multiplikativen Gruppe \(\bigl(\R \setminus \{0\},\cdot \bigr)\) der reellen Zahlen ohne Null; es gilt: \[ e^{x+y}=e^x \cdot e^y. \]Diese Abbildung ist injektiv; es handelt sich also um einen Gruppenmonomorphismus. Ihr Bild ist die Menge der positiven reellen Zahlen.
- Bei der Abbildung, die jeder invertierbaren \(n \times n\) Matrix ihre Determinante zuordnet, handelt es sich um einen Gruppenhomomorphismus \(\operatorname{GL}(n,\R) \rightarrow \bigl(\R \setminus \{0\},\cdot\bigr)\).
- Bei der Abbildung, die jeder Permutation ihr Vorzeichen zuordnet, handelt es sich um einen Gruppenhomomorphismus \(\mathcal{S}_n \rightarrow \bigl(\{-1,1\},\cdot\bigr)\). Diese Abbildung ist surjektiv; es handelt sich also um einen Gruppenepimorphismus.