Bei der Polynomaddition wird die Summe von zwei Polynomen berechnet, indem die Koeffizienten der jeweils selben Potenz addiert werden.
Definition Gegeben seien zwei Polynome $a(x)$ und $b(x)$ mit Grad $n$ bzw. Grad $m$, deren Koeffizienten aus einem Ring $\mathcal{R}$ stammen.
\begin{align*} a(x) &= \sum\limits_{k=0}^{n}{a_kx^k} = a_0 + a_1x + a_2x^2 + \ldots + a_nx^n \\[0.5em] b(x) &= \sum\limits_{k=0}^{m}{b_kx^k} = b_0 + b_1x + b_2x^2 + \ldots + b_mx^m \end{align*}
Die Summe der beiden Polynome wird berechnet, indem die Koeffizienten $a_k$ bzw. $b_k$ der Potenzen $x^k$ von $a(x)$ bzw. $b(x)$ addiert werden. Ist die Potenz $x^k$ in einem der Polynome nicht vorhanden, dann besitzt der zugehörige Koeffizient $a_k$ bzw. $b_k$ den Wert $0_\mathcal{R}$.
\begin{align*} a(x) + b(x) &= \sum\limits_{k=0}^{\max(m,n)}{\bigl(a_k+b_k\bigr) x^k} \\[0.5em] &= (a_0+b_0) + (a_1+b_1)x + (a_2+b_2)x^2 + \ldots \end{align*}
Für den Grad der Summe gilt:
\[ \grad\bigl(a(x)+b(x)\bigr) \leq \max\bigl(m,n\bigr). \]
Beispiele Beispiel 1 Gegeben seien die beiden nachfolgenden Polynome mit Koeffizienten aus den ganzen Zahlen $\Z$:
\begin{align*} a(x) &= 4x^3 + 3x^2 + 2x + 1 \\[0.5em] b(x) &= 3x^4 + x^2 - x + 2 \end{align*}
Für die Summe $a(x)+b(x)$ ergibt sich somit:
\begin{align*} a(x)+b(x) &= 3x^4 + 4x^3 + \Bigl(3+1\Bigr)x^2 + \Bigl(2+(-1)\Bigr)x + \Bigl(1+2\Bigr) \\[0.5em] &= 3x^4 + 4x^3 + 4x^2 + x + 3 \end{align*}
Der Grad der Summe $a(x)+b(x)$ ist $4$ – der höhere der beiden Grade $3$ und $4$ der Polynome $a(x)$ und $b(x)$.
Beispiel 2 Gegeben seien die beiden nachfolgenden Polynome mit Koeffizienten aus den rationalen Zahlen $\Q$:
\begin{align*} a(x) &= \frac{1}{2}x^2 + 2x + \frac{1}{3} \\[0.5em] b(x) &= -\frac{1}{2}x^2 + \frac{1}{6} \end{align*}
Für die Summe $a(x)+b(x)$ ergibt sich somit:
\begin{align*} a(x)+b(x) &= \left(\frac{1}{2} + \left(-\frac{1}{2}\right)\right)x^2 + 2x + \left(\frac{1}{3} + \frac{1}{6}\right) \\[0.5em] &= 2x + \frac{1}{2} \end{align*}
Der Grad der Summe $a(x)+b(x)$ ist $1$ – und somit kleiner als der Grad $2$ der beiden Polynome $a(x)$ und $b(x)$.
Beispiel 3 Gegeben seien die beiden nachfolgenden Polynome mit Koeffizienten aus dem Restklassenring $\Z_8$:
\begin{align*} a(x) &= {[3]}_8 x^3 + {[1]}_8 x^2 + {[6]}_8 x + {[4]}_8 \\[0.5em] b(x) &= {[5]}_8 x^3 + {[7]}_8 x^2 + {[2]}_8 x + {[4]}_8 \end{align*}
Für die Summe $a(x)+b(x)$ ergibt sich somit:
\begin{align*} a(x)+b(x) &= \Bigl({[3]}_8+{[5]}_8\Bigr) x^3 + \Bigl({[1]}_8+{[7]}_8\Bigr) x^2 + \Bigl({[6]}_8+{[2]}_8\Bigr) x + \Bigl({[4]}_8+{[4]}_8\Bigr) \\[0.5em] &= {[0]}_8 \end{align*}
Bei der Summe $a(x)+b(x)$ handelt es sich um das Nullpolynom. Beim Polynom $b(x)$ handelt es sich entsprechend um das additive Inverse des Polynoms $a(x)$.
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Eigenschaften Assoziativität Die Addition von Polynomen $a(x)$, $b(x)$ und $c(x)$ ist assoziativ ; es gilt:
\[ \Bigl( a(x) + b(x) \Bigr) + c(x) = a(x) + \Bigl( b(x) + c(x) \Bigr). \]
Wie üblich kann bei assoziativen Verknüpfungen auch eine klammerfreie Notation verwendet werden.
Beweis Die Assoziativität der Addition von Polynomen kann wie folgt durch Nachrechnen gezeigt werden:
\begin{align*} \Bigl(a(x)+b(x)\Bigr)+c(x) &\overset{(1)}{=} \left(\sum\limits_{k=0}^{n}{a_k\,x^k} + \sum\limits_{k=0}^{m}{b_k\,x^k}\right) + \sum\limits_{k=0}^{r}{c_k\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(2)}{=} \sum\limits_{k=0}^{\max(n,m)}{(a_k+b_k)\,x^k} + \sum\limits_{k=0}^{r}{c_k\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(3)}{=} \sum\limits_{k=0}^{\max(n,m,r)}{\Bigl((a_k+b_k) + c_k\Bigr)\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(4)}{=} \sum\limits_{k=0}^{\max(n,m,r)}{\Bigl(a_k+(b_k + c_k)\Bigr)\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(5)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{a_k\,x^k} + \sum\limits_{k=0}^{\max(m,r)}{(b_k+c_k)\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(6)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{a_k\,x^k} + \left( \sum\limits_{k=0}^{m}{b_k\,x^k} + \sum\limits_{k=0}^{r}{c_k\,x^k}\right) \\[0.5em] &\overset{(7)}{=} a(x)+\Bigl(b(x)+c(x)\Bigr) \end{align*}
Erklärungen zu den Schritten (1) Ersetzen der Polynome $a(x)$, $b(x)$ und $c(x)$ durch die entsprechenden Summen (2) Ausrechnen von $a(x)+b(x)$ gemäß Definition der Addition von Polynomen (3) Addition von $c(x)$ gemäß Definition der Addition von Polynomen (4) Die Gleichheit $(a_k+b_k)+c_k = a_k+(b_k+c_k)$ gilt aufgrund der Assoziativität der Addition im Ring $\mathcal{R}$, aus dem sämtliche Koeffizienten stammen (5) Aufteilen der Summe $a(x)+\bigl(b(x)+c(x)\bigr)$ auf zwei separate Summen mithilfe der Definition der Addition von Polynomen (6) Aufteilen der Summe $b(x)+c(x)$ auf zwei separate Summen mithilfe der Definition der Addition von Polynomen (7) Ersetzen der Summen durch die Polynome $a(x)$, $b(x)$ und $c(x)$
Kommutativität Die Addition von Polynomen $a(x)$ und $b(x)$ ist kommutativ ; es gilt:
\[ a(x) + b(x) = b(x) + a(x). \]
Beweis Die Kommutativität der Addition von Polynomen kann wie folgt durch Nachrechnen gezeigt werden:
\begin{align*} a(x) + b(x) &\overset{(1)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{a_kx^k} + \sum\limits_{k=0}^{m}{b_k\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(2)}{=} \sum\limits_{k=0}^{\max(n,m)}{(a_k+b_k)\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(3)}{=} \sum\limits_{k=0}^{\max(n,m)}{(b_k+a_k)\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(4)}{=} \sum\limits_{k=0}^{m}{b_k\,x^k} + \sum\limits_{k=0}^{n}{a_k\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(5)}{=} b(x) + a(x) \end{align*}
Erklärungen zu den Schritten (1) Ersetzen der Polynome $a(x)$ und $b(x)$ durch die entsprechenden Summen (2) Definition der Addition von Polynomen (3) Die Gleichheit $a_k+b_k = b_k+a_k$ gilt aufgrund der Kommutativität der Addition im Ring $\mathcal{R}$, aus dem sämtliche Koeffizienten stammen (4) Definition der Addition von Polynomen (5) Ersetzen der Summen durch die Polynome $a(x)$ und $b(x)$
Neutrales Element Das Nullpolynom $0$ ist das neutrale Element der Polynomaddition; es gilt:
\[ 0 + a(x) = a(x) = a(x) + 0. \]
Beweis Das Nullpolynom $0$ ist linksneutral bezüglich der Polynomaddition, denn es gilt:
\begin{align*} 0 + a(x) &\overset{(1)}{=} 0 + a_0 + a_1x + a_2x^2 + \ldots + a_nx^n \\[0.5em] &\overset{(2)}{=} (0 + a_0) + a_1x + a_2x^2 + \ldots + a_nx^n \\[0.5em] &\overset{(3)}{=} a_0 + a_1x + a_2x^2 + \ldots + a_nx^n \\[0.5em] &\overset{(4)}{=} a(x). \end{align*}
Analog kann gezeigt werden, dass das Nullpolynom ebenfalls rechtsneutral ist – und somit das neutrale Element der Polynomaddition:
\begin{align*} a(x) + 0 &\overset{(1)}{=} a_0 + a_1x + a_2x^2 + \ldots + a_nx^n + 0 \\[0.5em] &\overset{(2)}{=} (0 + a_0) + a_1x + a_2x^2 + \ldots + a_nx^n \\[0.5em] &\overset{(3)}{=} a_0 + a_1x + a_2x^2 + \ldots + a_nx^n \\[0.5em] &\overset{(4)}{=} a(x). \end{align*}
Erklärungen zu den Schritten (1) Definition des Polynoms $a(x)$ (2) Die Umformung gilt, da die Addition im Ring $\mathcal{R}$ assoziativ und kommutativ ist (3) Ausrechnen von $0+a_0$ ergibt $a_0$, da $0$ das neutrale Element der Addition im Ring $\mathcal{R}$ ist. (4) Definition des Polynoms $a(x)$
Inverses Element Das inverse Element eines Polynoms $a(x)$ bezüglich der Polynomaddition ist das Polynom $-a(x)$, bei dessen Koeffizienten $-a_k$ es sich um die additiven Inversen der Koeffizienten $a_k$ des Polynoms $a(x)$ handelt; es gilt:
\[ \bigl(-a(x)\bigr) + a(x) = 0 = a(x) + \bigl(-a(x)\bigr). \]
Beweis Das Polynom $-a(x)$ ist linksinvers zum Polynom $a(x)$, denn es gilt:
\begin{align*} \bigl(-a(x)\bigr) + a(x) &\overset{(1)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{(-a_k)\,x^k} + \sum\limits_{k=0}^{n}{a_k\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(2)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{\Bigl( (-a_k) + a_k \Bigr)\, x^k} \\[0.5em] &\overset{(3)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{0\, x^k} \\[0.5em] &\overset{(4)}{=} 0 \\[1em] \end{align*}
Analog kann gezeigt werden, dass das Polynom $-a(x)$ ebenfalls rechtsinvers zum Polynom $a(x)$ ist, und dass es sich somit um das additive Inverse handelt:
\begin{align*} a(x) + \bigl(-a(x)\bigr) &\overset{(1)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{a_k\,x^k} + \sum\limits_{k=0}^{n}{(-a_k)\,x^k} \\[0.5em] &\overset{(2)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{\Bigl( a_k + (-a_k) \Bigr)\, x^k} \\[0.5em] &\overset{(3)}{=} \sum\limits_{k=0}^{n}{0\, x^k} \\[0.5em] &\overset{(4)}{=}0 \\[1em] \end{align*}
Erklärungen zu den Schritten (1) Definition der Polynome $a(x)$ und $-a(x)$ (2) Definition der Addition von Polynomen (3) Ausrechnen der Terme $(-a_k)+a_k$ bzw. $a_k+(-a_k)$ ergibt $0$, da es sich im Ring $\mathcal{R}$ bei $-a_k$ um das additive Inverse von $a_k$ handelt (4) Definition des Nullpolynoms $0$