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Diagonalisierbare Matrix

Bei einer diagonalisierbaren Matrix handelt es sich um eine quadratische Matrix, die ähnlich zu einer Diagonalmatrix ist, und die durch einen Basiswechsel in eine Diagonalmatrix transformiert werden kann.

Definitionen

Diagonalisierbare Matrix

Gegeben seien eine natürliche Zahl \(n \in \N\) sowie ein Körper \(\mathcal{K}\), aus dem sämtliche Elemente stammen – beispielsweise rationale, reelle oder komplexe Zahlen.

Eine quadratische Matrix \(A \in \mathcal{K}^{n \times n}\) heißt diagonalisierbar (auch diagonalähnlich), falls eine Diagonalmatrix \(D \in \mathcal{K}^{n \times n}\) existiert, die ähnlich zu \(A\) ist – falls also eine reguläre Matrix \(S \in \mathcal{K}^{n \times n}\) existiert, so dass gilt:

\[ D = S^{-1} A S. \]

Diagonalisierbarer (Vektorraum-)Endomorphismus

Gegeben seien eine natürliche Zahl \(n \in \N\), ein Körper \(\mathcal{K}\) sowie ein \(n\)-dimensionaler Vektorraum \(\mathcal{V}\) über dem Körper \(\mathcal{K}\).

Eine lineare Abbildung \(f: \mathcal{V} \rightarrow \mathcal{V}\) über dem endlichdimensionalen Vektorraum \(\mathcal{V}\) – ein Endomorphismus – heißt diagonalisierbar, falls es eine Basis \(\mathfrak{B}_\mathcal{V}\) von \(\mathcal{V}\) gibt, bezüglich der die Abbildungsmatrix eine Diagonalmatrix ist.

Verfahren zur Diagonalisierung

Falls eine Matrix \(A\) diagonalisierbar ist, so existiert eine Diagonalmatrix \(D\), die zu \(A\) ähnlich ist – und somit auch eine reguläre Matrix \(S\), für die gilt:

\[ D = S^{-1} A S. \]

Die Bestimmung der Diagonalmatrix \(D\) sowie der regulären Matrix \(S\) geschieht mit den folgenden Schritten:

  1. Bestimmung der Eigenwerte \(\lambda_i\) der Matrix \(A\). (Hinweis: Es ist es möglich, dass Eigenwerte mehrfach vorkommen.)
  2. Berechnung der Eigenvektoren zu den Eigenwerten \(\lambda_i\) – diese bilden die Eigenräume \(\operatorname{Eig}(A,\lambda_i)\) zu den Eigenwerten \(\lambda_i\). (Hinweis: Übereinstimmende Eigenwerte \(\lambda_{i_1} = \ldots = \lambda_{i_k}\) liefern dieselben Eigenvektoren und denselben Eigenraum.)
  3. Bestimmung von Basen der Eigenräume \(\operatorname{Eig}(A,\lambda_i)\) für die verschiedenen Eigenwerte \(\lambda_i\). Da im Falle der Diagonalisierbarkeit die algebraische und die geometrische Vielfachheit der jeweiligen Eigenwerte übereinstimmt, lässt sich zu jedem Eigenwert \(\lambda_{i_1} = \ldots = \lambda_{i_k}\) mit algebraischer Vielfachheit \(k\) eine Basis \(\mathfrak{B}_i = \bigl\{ b_{i_1}, \ldots, b_{i_k} \bigr\}\) aus genau \(k\) linear unabhängigen Eigenvektoren finden.
  4. Bei den Hauptdiagonalelementen der Matrix \(D\) handelt es sich um die Eigenwerte und bei den Spalten der Matrix \(S\) handelt es sich um die Basisvektoren des zugehörigen Eigenraums. Für die gesuchte Diagonalmatrix \(D\) sowie die gesuchte reguläre Matrix \(S\) ergibt sich somit:
    \begin{align*} D &= \operatorname{diag}\bigl(\lambda_1, \ldots, \lambda_n \bigr) \\[0.5em] S &= \begin{bmatrix} \mid & & \mid \\[0.25em] b_1 & \cdots & b_n \\[0.25em] \mid & & \mid \end{bmatrix}. \end{align*}

    Hinweis: Ist exemplarisch das erste Diagonalelement von \(D\) der einfache Eigenwert \(\lambda_1\), so ist die erste Spalte von \(S\) ein zugehöriger Eigenvektor. Ist beispielsweise das zweite und dritte Diagonalelement von \(D\) ein Eigenwert \(\lambda_2\) mit Vielfachheit 2, so sind die zweite und dritte Spalte von \(S\) zwei linear unabhängige Eigenvektoren (eine Basis) des zugehörigen Eigenraums.

    Hinweis: Die Reihenfolge der Eigenwerte in der Diagonalmatrix \(D\) kann beliebig gewählt werden. Dasselbe gilt für die Reihenfolge der Eigenvektoren, die als Basis desselben Eigenraums fungieren.

Beispiele

Beispiel 1

Gegeben sei die folgende Matrix \(A \in \R^{2 \times 2}\):

\[ A = \begin{bmatrix} 7 & -10 \\[0.25em] 5 & -8 \end{bmatrix}. \]

Bei den Eigenwerten der Matrix \(A\) handelt es sich um \(\lambda_1 = 2\) und \(\lambda_2 = -3\). (Hinweis: Die Details zur Berechnung der Eigenwerte der Matrix \(A\) können in Beispiel 1 im Artikel zu Eigenwerten nachgelesen werden.)

Anschließend müssen die Eigenvektoren zu den gefundenen Eigenwerten bestimmt werden. (Hinweis: Die Details zur Berechnung der Eigenvektoren der Matrix \(A\) können in Beispiel 1 im Artikel zu Eigenvektoren nachgelesen werden.)

  • Es handelt sich beim Vektor \(b_1 = {\bigl(2,1\bigr)}^T\) um einen Eigenvektor zum Eigenwert \(\lambda_1 = 2\). Der Eigenraum \(\operatorname{Eig}(A,2)\) besteht aus allen skalaren Vielfachen des Vektors \(b_1\).
  • Es handelt sich beim Vektor \(b_2 = {\bigl(1,1\bigr)}^T\) um einen Eigenvektor zum Eigenwert \(\lambda_2 = -3\). Der Eigenraum \(\operatorname{Eig}(A,-3)\) besteht aus allen skalaren Vielfachen des Vektors \(b_2\).

Mithilfe der berechneten Eigenwerte und Eigenvektoren können die Diagonalmatrix \(D\) sowie die reguläre Matrix \(S\) direkt bestimmt werden; es gilt:

\begin{align*} D &= \begin{bmatrix} \lambda_1 & 0 \\[0.25em] 0 & \lambda_2 \end{bmatrix} = \begin{bmatrix} 2 & 0 \\[0.25em] 0 & -3 \end{bmatrix} \\[0.75em] S &= \begin{bmatrix} \mid & \mid \\[0.25em] b_1 & b_2 \\[0.25em] \mid & \mid \end{bmatrix} = \begin{bmatrix} 2 & 1 \\[0.25em] 1 & 1 \end{bmatrix}. \end{align*}

Beispiel 2

Gegeben sei die folgende Matrix \(B \in \R^{3 \times 3}\):

\[ B = \begin{bmatrix} 5 & -3 & -6 \\[0.25em] 0 & 2 & 0 \\[0.25em] 3 & -3 & -4 \end{bmatrix}. \]

Bei den Eigenwerten der Matrix \(B\) handelt es sich um \(\lambda_1 = -1\) und \(\lambda_{2/3} = 2\). (Hinweis: Die Details zur Berechnung der Eigenwerte der Matrix \(B\) können in Beispiel 2 im Artikel zu Eigenwerten nachgelesen werden.)

Anschließend müssen die Eigenvektoren zu den gefundenen Eigenwerten bestimmt werden. (Hinweis: Die Details zur Berechnung der Eigenvektoren der Matrix \(B\) können in Beispiel 2 im Artikel zu Eigenvektoren nachgelesen werden.)

  • Es handelt sich beim Vektor \(b_1 = {\bigl(1,0,1\bigr)}^T\) um einen Eigenvektor zum Eigenwert \(\lambda_1 = -1\). Der Eigenraum \(\operatorname{Eig}(B,-1)\) besteht aus allen skalaren Vielfachen des Vektors \(b_1\).
  • Es handelt sich bei den Vektoren \(b_2 = {\bigl(1,1,0\bigr)}^T\) und \(b_3 = {\bigl(2,0,1\bigr)}^T\) um linear unabhängige Eigenvektoren zum Eigenwert \(\lambda_{2/3} = 2\). Der Eigenraum \(\operatorname{Eig}(B,2)\) besteht aus der linearen Hülle der Vektoren \(b_2\) und \(b_3\).

Mithilfe der berechneten Eigenwerte und Eigenvektoren können die Diagonalmatrix \(D\) sowie die reguläre Matrix \(S\) direkt bestimmt werden; es gilt:

\begin{align*} D &= \begin{bmatrix} \lambda_1 & 0 & 0 \\[0.25em] 0 & \lambda_2 & 0 \\[0.25em] 0 & 0 & \lambda_3 \end{bmatrix} = \begin{bmatrix} -1 & 0 & 0 \\[0.25em] 0 & 2 & 0 \\[0.25em] 0 & 0 & 2 \end{bmatrix} \\[0.75em] S &= \begin{bmatrix} \mid & \mid & \mid \\[0.25em] b_1 & b_2 & b_3 \\[0.25em] \mid & \mid & \mid \end{bmatrix} = \begin{bmatrix} 1 & 1 & 2 \\[0.25em] 0 & 1 & 0 \\[0.25em] 1 & 0 & 1 \end{bmatrix}. \end{align*}

Eigenschaften

Es gelten unter anderem die folgenden Eigenschaften:

  • Die Einträge der Diagonalmatrix \(D\) entsprechen den Eigenwerten der diagonalisierbaren Matrix \(A\).
  • Die Spalten der Matrix \(S\) entsprechen den Basisvektoren der Eigenräume. Die Reihenfolge der Spaltenvektoren von \(S\) entspricht der Reihenfolge der Eigenwerte in der Diagonalmatrix \(D\).
  • Die Spaltenvektoren der Matrix \(S\) sind linear unabhängig und bilden somit eine Basis des Spaltenraums \(S(S) = \mathcal{K}^n\) der Matrix \(S\).
  • Für eine diagonalisierbare Matrix stimmt die algebraische und die geometrische Vielfachheit der Eigenwerte \(\lambda_i\) stets überein.
  • Eine notwendige Bedingung für die Diagonalisierbarkeit einer \(n \times n\) Matrix \(A\) ist, dass die Matrix \(A\) insgesamt \(n\) linear unabhängige Eigenvektoren besitzt. Da sich durch \(n\) linear unabhängige Eigenvektoren und die zugehörigen Eigenwerte unmittelbar die Matrizen \(D\) und \(S\) erzeugen lassen, ist diese Bedingung ebenfalls hinreichend.
  • Eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die Diagonalisierbarkeit ist, dass das charakteristische Polynom \(\chi_A\) der Matrix \(A\) vollständig in Linearfaktoren zerfällt, woraus die Existenz von \(n\) (nicht notwendigerweise verschiedenen) Eigenwerten resultiert.

    Hinweis: Diese Bedingung ist nicht hinreichend. Die Matrix \(A = \begin{bmatrix} 0 & 1 \\ 0 & 0 \end{bmatrix}\) hat das charakteristische Polynom \(\chi_A(\lambda) = \lambda^2\) und somit den Eigenwert \(\lambda=0\) mit algebraischer Vielfachheit 2. Der zu diesem Eigenwert gehörende Eigenraum enthält alle Vielfachen des Vektors \(v = {\bigl( 1,0 \bigr)}^T\). Die geometrische Vielfachheit des Eigenwerts \(\lambda\) ist dementsprechend 1 und somit kleiner als die algebraische Vielfachheit. Es ist folglich nicht möglich, zwei linear unabhängige Eigenvektoren zur Erzeugung der Matrix \(S\) zu finden.

  • Eine hinreichende, aber nicht notwendige Bedingung für die Diagonalisierbarkeit ist, dass das charakteristische Polynom \(\chi_A\) der Matrix \(A\) vollständig in paarweise verschiedene Linearfaktoren zerfällt. Bei allen Eigenwerten handelt es sich dann um einfache Eigenwerte, für die die algebraische und geometrische Vielfachheit stets übereinstimmt.

    Hinweis: Diese Bedingung ist nicht notwendig, da beispielsweise auch die Matrix \(A = \begin{bmatrix} 1 & 0 \\ 0 & 1 \end{bmatrix}\) mit \(\chi_A(\lambda) = {(\lambda-1)}^2\) diagonalisierbar ist, obwohl zwei identische Linearfaktoren existieren.