Körper (Algebra)
Bei einem Körper handelt es sich um eine algebraische Struktur, die aus einer Menge und zwei darauf definierten inneren zweistelligen Verknüpfungen besteht, und zwar aus einer Addition und einer Multiplikation. Mithilfe dieser beiden Verknüpfungen können darüber hinaus eine Subtraktion und eine Division definiert werden, sodass alle vier Operationen sich analog zu den entsprechenden Operationen der rationalen und der reellen Zahlen verhalten.
Definitionen
Körper
Bei einem Körper \(\mathcal{K} = \bigl(K,\oplus,\odot\bigr)\) handelt es sich um eine algebraische Struktur, die aus einer Trägermenge \(K\) und zwei auf dieser Menge definierten inneren zweistelligen Verknüpfungen besteht: aus einer Addition \(\oplus: K \times K \rightarrow K\) und einer Multiplikation \(\odot: K \times K \rightarrow K\). Es handelt sich bei \(\bigl(K,\oplus\bigr)\) und bei \(\bigl(K \setminus \{e_\oplus\},\odot\bigr)\) jeweils um eine kommutative Gruppe. Bei \(\bigl(K,\oplus,\odot\bigr)\) handelt es sich somit unter anderem um einen kommutativen Ring mit Eins.
Für die Verknüpfung \(\oplus\) gelten die folgenden Eigenschaften:
- Die Trägermenge \(K\) ist bezüglich der Verknüpfung \(\oplus\) abgeschlossen: \[ \forall a,b \in K: a \oplus b \in K. \]
- Die Verknüpfung \(\oplus\) ist assoziativ: \[ \forall a,b,c \in K: \bigl( a \oplus b \bigr) \oplus c = a \oplus \bigl( b \oplus c \bigr) = a \oplus b \oplus c. \]
- Es existiert ein additives neutrales Element \(e_{\oplus} \in K\): \[ \forall a \in K: e_{\oplus} \oplus a = a = a \oplus e_{\oplus}. \]Das additive neutrale Element \(e_{\oplus}\) ist eindeutig bestimmt und sowohl links- als auch rechtsneutral bezüglich der Verknüpfung \(\oplus\).
- Zu jedem Element \(a \in K\) existiert ein additives inverses Element \(a_{\oplus}^{-1} \in K\), für das gilt: \[ a_{\oplus}^{-1} \oplus a = e_{\oplus} = a \oplus a_{\oplus}^{-1}. \]Das additive inverse Element \(a_{\oplus}^{-1}\) von \(a\) ist eindeutig bestimmt und sowohl links- als auch rechtsinvers.
- Die Verknüpfung \(\oplus\) ist kommutativ: \[ \forall a,b \in K: a \oplus b = b \oplus a. \]
Für die Verknüpfung \(\odot\) gelten die folgenden Eigenschaften:
- Die Trägermenge \(K\) ist bezüglich der Verknüpfung \(\odot\) abgeschlossen: \[ \forall a,b \in K: a \odot b \in K. \]
- Die Verknüpfung \(\odot\) ist assoziativ: \[ \forall a,b,c \in K: \bigl( a \odot b \bigr) \odot c = a \odot \bigl( b \odot c \bigr) = a \odot b \odot c. \]
- Es existiert ein multiplikatives neutrales Element \(e_{\odot} \in K\): \[ \forall a \in K: e_{\odot} \odot a = a = a \odot e_{\odot}. \]Das multiplikative neutrale Element \(e_{\odot}\) ist eindeutig bestimmt und sowohl links- als auch rechtsneutral bezüglich der Verknüpfung \(\odot\).
- Zu jedem Element \(a \in K\) existiert ein multiplikatives inverses Element \(a_{\odot}^{-1} \in K\), für das gilt: \[ a_{\odot}^{-1} \odot a = e_{\odot} = a \odot a_{\odot}^{-1}. \]Das multiplikative inverse Element \(a_{\odot}^{-1}\) von \(a\) ist eindeutig bestimmt und sowohl links- als auch rechtsinvers.
- Die Verknüpfung \(\odot\) ist kommutativ: \[ \forall a,b \in K: a \odot b = b \odot a. \]
Darüber hinaus gilt:
- Die Verknüpfung \(\odot\) ist distributiv bezüglich der Verknüpfung \(\oplus\). Für alle \(a,b,c \in K\) gilt: \begin{align*} a \odot \bigl( b \oplus c \bigr) &= \bigl( a \odot b \bigr) \oplus \bigl( a \odot c \bigr) \\[0.5em] \bigl( a \oplus b \bigr) \odot c &= \bigl( a \odot c \bigr) \oplus \bigl( b \odot c \bigr). \end{align*}
Diese Eigenschaften werden als Körperaxiome bezeichnet.
Definition als spezieller Ring
Bei einem kommutativen Ring mit Eins \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\), der nicht der Nullring ist, handelt es sich genau dann um einen Körper, wenn jedes Element mit Ausnahme des Nullelements \(e_\oplus = 0\) ein Inverses bezüglich der Multiplikation \(\odot\) besitzt.
Dies bedeutet anders ausgedrückt, dass ein kommutativer unitärer Ring \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) genau dann ein Körper ist, wenn für die Einheitengruppe des Rings die Gleichheit \(\mathcal{R}^\times = R \setminus \{e_\oplus\}\) gilt.
Subtraktion
Aufgrund der Körperaxiome ist es garantiert, dass in einem Körper \(\mathcal{K} = \bigl(K,\oplus,\odot\bigr)\) zu jedem Element \(a \in K\) stets das (eindeutig bestimmte) additive inverse Element \(a_{\oplus}^{-1} \in K\) existiert. Für Elemente \(a,b \in K\) kann damit eine Subtraktion wie folgt als Addition des Inversen definiert werden:
Oder (vereinfacht) in additiver Schreibweise:
Division
Aufgrund der Körperaxiome ist es garantiert, dass in einem Körper \(\mathcal{K} = \bigl(K,\oplus,\odot\bigr)\) zu jedem Element \(a \in K \setminus \bigl\{ e_{\oplus }\bigr\}\) stets das (eindeutig bestimmte) multiplikative inverse Element \(a_{\odot}^{-1} \in K\) existiert. Für Elemente \(a,b \in K\) kann damit eine Division wie folgt als Multiplikation mit dem Inversen definiert werden:
Oder (vereinfacht) in multiplikativer Schreibweise:
Da es sich beim Nullelement \(e_{\oplus} = 0_K\) um ein absorbierendes Element bezüglich der Multiplikation \(\odot\) handelt, existiert für \(e_{\oplus}\) kein multiplikatives Inverses; hieraus folgt unmittelbar die Undefiniertheit der Division durch Null.
Unterkörper
Seien \(\mathcal{K} = \bigl(K,\oplus,\odot\bigr)\) ein Körper und \(U \subseteq K\) eine Teilmenge der Trägermenge \(K\). Es handelt sich bei \(\mathcal{U} = \bigl(U,\oplus,\odot\bigr)\) um einen Unterkörper (auch Teilkörper genannt) von \(\mathcal{K}\), falls es sich bei \(\mathcal{U}\) ebenfalls um einen Körper handelt. Dies ist genau dann der Fall, wenn es sich bei \(\bigl(U,\oplus\bigr)\) um eine Untergruppe von \(\bigl(K,\oplus\bigr)\) und bei \(\bigl(U \setminus \bigl\{e_{\oplus}\bigr\},\odot\bigr)\) um eine Untergruppe von \(\bigl(K\setminus \bigl\{e_{\oplus}\bigr\},\odot\bigr)\) handelt, d. h., wenn die folgenden Eigenschaften gelten:
- Die Trägermenge \(U\) ist nichtleer: \[ U \neq \emptyset. \]
- Die Trägermenge \(U\) ist bezüglich der Verknüpfungen \(\oplus\) und \(\odot\) abgeschlossen: \[ \forall a,b \in U: a \oplus b \in U \wedge a \odot b \in U. \]
- Die Trägermenge \(U\) enthält die inversen Elemente bezüglich der Verknüpfungen \(\oplus\) und \(\odot\): \[ \begin{array}{c} \forall a \in U: a_{\oplus}^{-1} \in U \\[0.5em] \forall a \in U \setminus \bigl\{e_{\oplus}\bigr\}: a_{\odot}^{-1} \in U. \end{array} \]
Hinweis: Die Assoziativität, Kommutativität und Distributivität der Verknüpfungen \(\oplus\) und \(\odot\) für die Elemente aus \(U\) gilt implizit aufgrund der Assoziativität, Kommutativität und Distributivität in \(\mathcal{K}\) und muss nicht separat überprüft werden.
Der Körper \(\mathcal{K}\) wird Oberkörper von \(\mathcal{U}\) genannt.
Körperhomomorphismus
Hauptartikel: Körperhomomorphismus
Eine Abbildung \(\varphi: K_1 \rightarrow K_2\) zwischen den Trägermengen zweier Körper \(\mathcal{K}_1 = \bigl(K_1,\oplus,\odot \bigr)\) und \(\mathcal{K}_2 = \bigl(K_2,\boxplus,\boxdot\bigr)\) wird Körperhomomorphismus genannt, falls die folgende Eigenschaft gilt:
- Die Abbildung \(\varphi\) ist strukturerhaltend: \[ \begin{align*} \forall a,b \in K_1: &\ \varphi(a \oplus b) = \varphi(a) \boxplus \varphi(b) \\[0.5em] &\ \varphi(a \odot b) = \varphi(a) \boxdot \varphi(b). \end{align*} \]
Ist die Abbildung \(\varphi\) darüber hinaus bijektiv, so handelt es sich bei \(\varphi\) um einen Körperisomorphismus und die Körper \(\mathcal{K}_1\) und \(\mathcal{K}_2\) sind isomorph.
Notation
Oftmals wird für die Verknüpfung \(\oplus\) die von Gruppen bekannte additive Schreibweise verwendet: Anstelle des Operators \(\oplus\) wird das Pluszeichen \(+\) verwendet. Das neutrale Element \(e_{\oplus}\) wird dann als Nullelement bezeichnet und durch das Symbol \(0\) oder \(0_K\) dargestellt. Das zu \(a \in K\) bezüglich der Verknüpfung \(\oplus\) inverse Element \(a_\oplus^{-1}\) wird als \(-a\) geschrieben.
Oftmals wird für die Verknüpfung \(\odot\) die von Gruppen bekannte multiplikative Schreibweise verwendet: Anstelle des Operators \(\odot\) wird der Malpunkt \(\cdot\) verwendet. Das neutrale Element \(e_{\odot}\) wird dann als Einselement bezeichnet und durch das Symbol \(1\) oder \(1_K\) dargestellt. Das zu \(a \in K\) bezüglich der Verknüpfung \(\odot\) inverse Elemente \(a_\odot^{-1}\) wird als \(a^{-1}\) geschrieben.
Eigenschaften
Nullteiler
Jeder Körper \(\mathcal{K} = \bigl(K,\oplus,\odot \bigr)\) ist nullteilerfrei. Für \(a,b \in K\) gilt \(a \odot b = 0_K\ (=e_{\oplus})\) genau dann, wenn \(a = 0_K\) oder \(b = 0_K\) gilt.
Endliche Körper (Galoiskörper)
Ein Körper \(\mathcal{K} = \bigl(K,\oplus,\odot \bigr)\) heißt endlicher Körper (auch Galoiskörper genannt), wenn es sich bei der Trägermenge \(K\) um eine endliche Menge handelt. Jeder endliche Körper hat genau \(q = p^n\) Elemente, wobei \(p\) eine Primzahl und \(n\) eine natürliche Zahl ist. Bis auf Isomorphie gibt es jeweils genau einen endlichen Körper mit \(q\) Elementen, der mit \(\mathbb{F}_q\) bezeichnet wird.
Beim Körper \(\mathbb{F}_2 = \bigl(\Z_2,+,\cdot\bigr)\) handelt es sich um den kleinsten endlichen Körper, der aus lediglich zwei Elementen besteht – nämlich aus den neutralen Elementen der Addition und der Multiplikation.
Schiefkörper
Wird bei einem Körper \(\mathcal{K} = \bigl(K,\oplus,\odot \bigr)\) auf die Kommutativität der Verknüpfung \(\odot\) verzichtet, so handelt es sich um einen Schiefkörper.
Hinweis: Es existieren verschiedene Definitionen für Schiefkörper:
- Teilweise wird die Nichtkommutativität explizit zugelassen; in diesem Fall ist jeder Körper auch ein Schiefkörper.
- Teilweise wird die Nichtkommutativität explizit gefordert; in diesem Fall ist ein Körper niemals ein Schiefkörper.
Vektorräume
Hauptartikel: Vektorraum
Ein Körper \(\mathcal{K} = \bigl(K,\oplus,\odot \bigr)\) ist ein eindimensionaler Vektorraum über sich selbst als zugrundeliegendem Skalarkörper. Bei der Vektoraddition handelt es sich um die Verknüpfung \(\oplus\), bei der skalaren Multiplikation um die Verknüpfung \(\odot\). Über allen Körpern existieren darüber hinaus Vektorräume beliebiger Dimension.
Beispiele
Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um einige exemplarische Körper:
- Die Menge der rationalen Zahlen bildet mit der Addition und Multiplikation von rationalen Zahlen den Körper \(\bigl(\Q,+,\cdot\bigr)\).
- Die Menge der reellen Zahlen bildet mit der Addition und Multiplikation von reellen Zahlen den Körper \(\bigl(\R,+,\cdot\bigr)\).
- Die Menge der komplexen Zahlen bildet mit der Addition und Multiplikation von komplexen Zahlen den Körper \(\bigl(\C,+,\cdot\bigr)\).
- Die Menge der Restklassen modulo einer Primzahl \(p\) bildet zusammen mit der Addition und der Multiplikation von Restklassen modulo \(p\) den Restklassenkörper \(\bigl(\Z_p,+,\cdot\bigr)\), der auch mit \(\mathbb{F}_p\) bezeichnet wird.