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Lineare Gleichung

Eine lineare Gleichung ist eine mathematische Gleichung, in der ausnahmslos Linearkombinationen der Variablen auftreten. Charakteristisch für eine lineare Gleichung ist somit, dass sämtliche Variablen ausschließlich in der ersten Potenz auftreten und gegebenenfalls durch Skalare gewichtet sind. Typischerweise handelt es sich bei den auftretenden Variablen um Skalare – es sind aber auch andere mathematische Objekte wie beispielsweise Folgen, Vektoren oder Funktionen möglich. Lineare Gleichungen können eindeutig lösbar sein, unendlich viele Lösungen besitzen oder unlösbar sein. Bei einer Menge von linearen Gleichungen handelt es sich um ein lineares Gleichungssystem.

Definition

Lineare Gleichung mit einer Variable

Eine Gleichung mit einer Variable wird lineare Gleichung genannt, wenn sie mithilfe von Äquivalenzumformungen in die folgende Form überführt werden kann:

\[ a \cdot x = b. \]

Bei den Werten $a$ und $b$ handelt es sich um konstante Koeffizienten, die nicht von der Variable $x$ abhängen. Es gelten die folgenden Bezeichnungen:

  • $ax$ wird lineares Glied genannt;
  • $b$ wird konstantes Glied oder Absolutglied genannt.

Bei einem Wert \xi handelt es sich um eine Lösung der linearen Gleichung, wenn die Gleichung für den Wert $\xi$ erfüllt ist.

Lineare Gleichung mit zwei Variablen

Eine Gleichung mit zwei Variablen wird lineare Gleichung genannt, wenn sie mithilfe von Äquivalenzumformungen in die folgende Form überführt werden kann:

\[ a_1 \cdot x_1 + a_2 \cdot x_2 = b. \]

Bei den Werten $a_1$, $a_2$ und $b$ handelt es sich um konstante Koeffizienten, die nicht von den Variablen $x_1$ und $x_2$ abhängen. Bei einem Wertepaar $(\xi_1,\xi_2)$ handelt es sich um eine Lösung der linearen Gleichung, wenn die Gleichung für $x_1=\xi_1$ und $x_2=\xi_2$ erfüllt ist.

Lineare Gleichung mit mehreren Variablen

Eine Gleichung mit mehreren Variablen wird lineare Gleichung genannt, wenn sie mithilfe von Äquivalenzumformungen in die folgende Form überführt werden kann:

\[ a_1 \cdot x_1 + \ldots + a_n \cdot x_n = b. \]

Bei den Werten $a_1,\ldots,a_n$ handelt es sich um konstante Koeffizienten, die nicht von den Variablen $x_1,\ldots,x_n$ abhängen. Bei einem Tupel $(\xi_1,\ldots,\xi_n)$ handelt es sich um eine Lösung der linearen Gleichung, wenn die Gleichung für $x_1=\xi_1,\ldots,x_n=\xi_n$ erfüllt ist.

Allgemeine lineare Gleichung

Eine lineare Gleichung kann im Allgemeinen mithilfe einer linearen Abbildung definiert werden. Eine Gleichung

\[ T(x) = b \]

heißt linear, wenn $T: \mathcal{V} \rightarrow \mathcal{W}$ eine lineare Abbildung zwischen einem Vektorraum $\mathcal{V}$ und einem Vektorraum $\mathcal{W}$ über demselben Körper $\mathcal{K}$ ist (mit $x \in \mathcal{V}$ und $b \in \mathcal{W}$) und wenn $b$ unabhängig von $x$ ist.

Die Abbildung $T$ ist linear, wenn für beliebige Skalare $\lambda,\mu \in \mathcal{K}$ stets gilt:

\[ T(\lambda x + \mu y) = \lambda T(x) + \mu T(y). \]

Lösen einer linearen Gleichung

Lösen einer linearen Gleichung mit einer Variable

Gegeben sei eine lineare Gleichung

\[ a \cdot x = b \]

mit den Koeffizienten $a$ und $b$ sowie einer Variable $x$. Für die Lösungen der linearen Gleichung gilt:

  • Ist $a \neq 0$, so existiert eine eindeutige Lösung. Diese kann mithilfe einer Division durch $a$ direkt bestimmt werden; es gilt:
    \[ x = \frac{b}{a}. \]
  • Ist $a=0$ und $b=0$, so handelt es sich bei jedem beliebigen $x$ um eine Lösung. Die Gleichung besitzt in diesem Fall unendlich viele Lösungen.
  • Ist $a=0$ und $b \neq 0$, so existiert keine Lösung für die lineare Gleichung.

Allgemein: Handelt es sich bei den Koeffizienten $a,b$ und der Variable $x$ um Elemente eines beliebigen Körpers $\mathcal{K}$ und gilt $a \neq 0_\mathcal{K}$, so kann die Lösung der linearen Gleichung – falls existent – auch mithilfe des multiplikativen Inversen $a^{-1} \in \mathcal{K}$ des Koeffizienten $a$ bestimmt werden. Es gilt:

\[ x = a^{-1} \cdot b. \]

Hinweis: Sofern eine Division definiert ist, entspricht diese typischerweise der Multiplikation mit dem (multiplikativen) Inversen.

Hinweis: Handelt es sich bei den Werten $a,b,x$ nicht um Elemente eines Körpers, sondern beispielsweise um ganze Zahlen, so besitzt die lineare Gleichung nur dann eine Lösung, wenn es sich bei $b$ um ein Vielfaches des Koeffizienten $a$ handelt. Andernfalls ist die Gleichung unlösbar.

Lösen einer linearen Gleichung mit zwei Variablen

Gegeben sei eine lineare Gleichung

\[ a_1 \cdot x_1 + a_2 \cdot x_2 = b \]

mit den Koeffizienten $a_1$, $a_2$ und $b$ sowie zwei Variablen $x_1$ und $x_2$. Für die Lösungen der linearen Gleichung gilt:

  • Ist $a_1 \neq 0$ oder $a_2 \neq 0$, so handelt es sich bei der Lösung um eine Gerade im zweidimensionalen Raum. Bei der linearen Gleichung handelt es sich in diesem Fall um die Koordinatenform einer Geradengleichung und es gilt:
    \begin{align*} x_1 &= -\frac{a_2}{a_1} \cdot x_2 + \frac{b}{a_1} \ \ (\text{für } a_1 \neq 0) \\[0.75em] \text{bzw. }\ \ x_2 &= -\frac{a_1}{a_2} \cdot x_1 + \frac{b}{a_2} \ \ (\text{für } a_2 \neq 0). \end{align*}
  • Ist $a_1=a_2=0$ und $b=0$, so handelt es sich bei jedem beliebigen Paar $(x_1,x_2)$ um eine Lösung. Bei der Lösungsmenge der linearen Gleichung handelt es sich dann um den kompletten zweidimensionalen Raum.
  • Ist $x_1=x_2=0$ und $b \neq 0$, so existiert keine Lösung für die lineare Gleichung.

Hinweis: Handelt es sich bei den Werten $a_1,a_2,b,x_1,x_2$ nicht um Elemente eines Körpers, sondern beispielsweise um ganze Zahlen, so besitzt die lineare Gleichung nur dann eine Lösung, wenn es sich bei $\ggT(a_1,a_2)$ um einen ganzzahligen Teiler von $b$ handelt. Andernfalls ist die Gleichung unlösbar.

Die Lösung wird häufig in Parameterform angegeben. Hierzu wird die lineare Gleichung zunächst nach einer der Variablen – beispielsweise nach $x_2$ (falls $a_2 \neq 0$ gilt) – aufgelöst:

\[ x_2 = \frac{b}{a_2} - \frac{a_1}{a_2} \cdot x_1. \]

Die Variable $x_1$ ist in diesem Fall eine freie Variable und wird durch einen Parameter $t$ dargestellt. Die Variable $x_2$ kann dann ebenfalls in Abhängigkeit des Parameters $t$ dargestellt werden; es gilt:

\begin{align*} x_1 &= t \\[0.5em] x_2 & = \frac{b}{a_2} - \frac{a_1}{a_2} \cdot t. \end{align*}

Oder kurz in Vektorform:

\[ \begin{pmatrix} x_1 \\[0.25em] x_2 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 0 \\[0.25em] \frac{b}{a_2} \end{pmatrix} + t \cdot \begin{pmatrix} 1 \\[0.25em] -\frac{a_1}{a_2} \end{pmatrix}. \]

Mithilfe der Parameterform wird direkt ersichtlich, dass der Lösungsraum eindimensional ist, da er lediglich von einem Parameter $t$ abhängt.

Lösen einer linearen Gleichung mit mehreren Variablen

Gegeben sei eine lineare Gleichung

\[ a_1 \cdot x_1 + \ldots + a_n \cdot x_n = b \]

mit Koeffizienten $a_1,\ldots,a_n$ sowie Variablen $x_1,\ldots,x_n$. Für die Lösungen der linearen Gleichung gilt:

  • Ist mindestens ein Koeffizient $a_i$ ungleich Null (mit $1 \leq i \leq n$), so handelt es sich bei der Lösung typischerweise um einen $n-1$ dimensionalen Unterraum des zugehörigen $n$-dimensionalen Raums – also um eine Hyperebene.
  • Ist $a_1=\ldots=a_n=0$ und $b=0$, so handelt es sich bei jedem beliebigen Tupel $(\xi_1,\ldots,\xi_n)$ um eine Lösung. Bei der Lösungsmenge der linearen Gleichung handelt es sich dann um den kompletten $n$-dimensionalen Raum.
  • Ist $a_1=\ldots=a_n=0$ und $b \neq 0$, so existiert keine Lösung für die lineare Gleichung.

Hinweis: Handelt es sich bei den Werten $a_1,\ldots,a_n$, $b$, $x_1,\ldots,x_n$ nicht um Elemente eines Körpers, sondern beispielsweise um ganze Zahlen, so besitzt die lineare Gleichung nur dann eine Lösung, wenn es sich bei $\ggT(a_1,\ldots,a_n)$ um einen ganzzahligen Teiler von $b$ handelt. Andernfalls ist die Gleichung unlösbar.

Die Lösung wird häufig in Parameterform angegeben. Hierzu wird die lineare Gleichung zunächst nach einer der Variablen – beispielsweise nach $x_n$ (falls $a_n \neq 0$ gilt) – aufgelöst:

\[ x_n = \frac{b}{a_n} - \frac{a_1}{a_n} \cdot x_1 - \ldots - \frac{a_{n-1}}{a_n} \cdot x_{n-1}. \]

Die Variablen $x_1,\ldots,x_{n-1}$ sind in diesem Fall freie Variablen und werden durch Parameter $t_1,\ldots,t_{n-1}$ dargestellt. Die Variable $x_n$ kann dann ebenfalls in Abhängigkeit dieser Parameter dargestellt werden. Es gilt:

\begin{align*} x_1 &= t_1 \\[0.5em] &\ \ \vdots \\[0.5em] x_{n-1} &= t_{n-1} \\[0.5em] x_n &= \frac{b}{a_n} - \frac{a_1}{a_n} \cdot t_1 - \ldots - \frac{a_{n-1}}{a_n} \cdot t_{n-1}. \end{align*}

Eigenschaften

Homogenität

Eine lineare Gleichung $ax=b$ oder allgemein $T(x)=b$ heißt

  • homogen, falls $b=0$ gilt.
  • inhomogen, falls $b \neq 0$ gilt.

Für homogene lineare Gleichungen gilt:

  • Die Null bzw. der Nullvektor ist stets eine Lösung der Gleichung; diese Lösung wird als triviale Lösung bezeichnet.
  • Die Lösungsmenge der linearen Gleichung bildet einen Unterraum des Vektorraums der Variablen.
  • Für alle Lösungen der linearen Gleichung gilt die Superpositionseigenschaft.

Für inhomogene lineare Gleichungen gilt:

  • Die Null bzw. der Nullvektor ist niemals eine Lösung der Gleichung.
  • Die Lösungsmenge der linearen Gleichung ist ein affiner Unterraum des Vektorraums der Variablen.

Superposition

Für homogene lineare Gleichungen gilt die Superpositionseigenschaft: Handelt es sich bei $\xi$ und $\xi'$ um Lösungen der linearen Gleichung, so handelt es sich auch bei $\xi+\xi'$ um eine Lösung der Gleichung. Dies gilt genauer gesagt sogar für alle Linearkombinationen $\lambda\xi+\mu\xi'$. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Linearität der Gleichung; es gilt:

\begin{align*} T(\lambda\xi+\mu\xi') &= T(\lambda\xi) + T(\mu\xi') \\[0.5em] &= \lambda T(\xi) + \mu T(\xi') \\[0.5em] &= \lambda \cdot 0 + \mu \cdot 0 \\[0.5em] &= 0. \end{align*}

Die Lösung einer linearen Gleichung kann als Summe einer Lösung $\xi$ der zugehörigen homogenen Gleichung (mit $T(\xi)=0$) sowie einer speziellen Lösung $\xi'$ der inhomogenen Gleichung (mit $T(\xi')=b$) dargestellt werden. Es gilt:

\begin{align*} T(\xi+\xi') &= T(\xi) + T(\xi') \\[0.5em] &= 0 + b \\[0.5em] &= b. \end{align*}

Beispiele

Beispiel 1

Beim ersten Beispiel handelt es sich um einige lineare Gleichungen mit jeweils einer reellen Variable.

  • Gegeben sei die folgende lineare Gleichung:

    \[ 7x=42. \]

    Die einzige Lösung dieser Gleichung kann direkt durch Umstellen nach der Variable $x$ erhalten werden; es gilt:

    \[ x = \frac{42}{7} = 6. \]
  • Die lineare Gleichung $0 \cdot x = 42$ besitzt keine Lösungen.
  • Die lineare Gleichung $0 \cdot x = 0$ ist für jedes $x$ lösbar und besitzt somit unendlich viele Lösungen.

Beispiel 2

Beim zweiten Beispiel handelt es sich um eine lineare Gleichung mit einer ganzzahligen Variable:

\[ 5x = 42. \]

Da 42 kein ganzzahliges Vielfaches von 5 ist, existiert keine ganzzahlige Lösung dieser linearen Gleichung – sie ist unlösbar.

Beispiel 3

Beim dritten Beispiel handelt es sich um eine lineare Gleichung mit zwei reellen Variablen:

\[ 4x_1 + 2x_2 = 42. \]

Diese Gleichung ist überbestimmt und lösbar, d. h., es existieren unendlich viele Lösungen. Beispielsweise handelt es sich bei $x_1=0$ und $x_2=21$ um eine Lösung der Gleichung. Darüber hinaus handelt es sich exemplarisch bei $x_1=1$ und $x_2=19$ um eine weitere Lösung der Gleichung.

Zum Bestimmen aller Lösungen kann die Gleichung zunächst nach $x_2$ umgestellt werden:

\begin{align*} x_2 &= \frac{42}{2} - \frac{4}{2}x_1 \\[0.75em] &= 21 - 2x_1. \end{align*}

Ersetzen der freien Variable $x_1$ durch einen Parameter $t \in \R$ liefert die folgende Lösung in Parameterform:

\begin{align*} x_1 &= t \\[0.5em] x_2 &= 21 - 2t. \end{align*}