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Eigenwert

Bei einem Eigenwert handelt es sich um ein Skalar, das angibt, mit welchem Faktor ein dazu gehöriger Eigenvektor skaliert wird, wenn er mit einer Matrix multipliziert oder durch eine lineare Abbildung abgebildet wird.

Definitionen

Eigenwert und Eigenvektor einer quadratischen Matrix

Gegeben seien eine natürliche Zahl \(n \in \N\) sowie ein Körper \(\mathcal{K}\), aus dem sämtliche Elemente stammen – beispielsweise rationale, reelle oder komplexe Zahlen.

Ein Vektor \(v \in \mathcal{K}^n\) mit \(v \neq 0\) wird Eigenvektor der Matrix \(A \in \mathcal{K}^{n \times n}\) genannt, wenn er bei der Multiplikation mit der Matrix \(A\) auf ein Vielfaches \(\lambda v\) von sich selbst abgebildet wird, wenn also gilt:

\[ A v = \lambda v. \]

Der Wert \(\lambda \in \mathcal{K}\) wird als der zum Vektor \(v\) gehörende Eigenwert bezeichnet.

Alternativ: Besitzt die Gleichung \(A v = \lambda v\) für ein gegebenes \(\lambda\) eine Lösung \(v \neq 0\), so handelt es sich bei \(\lambda\) um einen Eigenwert der Matrix \(A\). Jede zu \(\lambda\) gehörende Lösung \(v \neq 0\) wird dann Eigenvektor von \(A\) zum Eigenwert \(\lambda\) genannt.

Hinweis: Der Nullvektor \(0\) erfüllt trivialerweise für alle Matrizen stets diese Bedingung und wird niemals zu den Eigenvektoren gezählt.

Eigenwert und Eigenvektor eines (Vektorraum-)Endomorphismus

Gegeben seien eine natürliche Zahl \(n\), ein Körper \(\mathcal{K}\) sowie ein \(n\)-dimensionaler Vektorraum \(\mathcal{V}\) über dem Körper \(\mathcal{K}\).

Ein Vektor \(v \in \mathcal{V}\) wird Eigenvektor der linearen Abbildung \(\varphi: \mathcal{V} \rightarrow \mathcal{V}\) genannt, wenn er durch die Abbildung \(\varphi\) auf ein Vielfaches \(\lambda v\) von sich selbst abgebildet wird, wenn also gilt:

\[ \varphi(v) = \lambda v. \]

Der Wert \(\lambda \in \mathcal{K}\) wird als der zum Vektor \(v\) gehörende Eigenwert bezeichnet.

Hinweis: Der Nullvektor \(0_\mathcal{V}\) erfüllt trivialerweise für alle linearen Abbildungen stets diese Bedingung und wird niemals zu den Eigenvektoren gezählt.

Eigenraum zum Eigenwert

Handelt es sich bei \(\lambda \in \mathcal{K}\) um einen Eigenwert einer Matrix \(A \in \mathcal{K}^{n \times n}\) bzw. einer linearen Abbildung \(\varphi: \mathcal{V} \rightarrow \mathcal{V}\), so handelt es sich bei der Menge aller Eigenvektoren zum Eigenwert \(\lambda\), vereinigt mit dem Nullvektor, um den Eigenraum zum Eigenwert \(\lambda\); es gilt:

\begin{align*} \operatorname{Eig}(A,\lambda) &= \Bigl\{ v \in \mathcal{K}^n \mid A v = \lambda v \Bigr\} \\[0.5em] \operatorname{Eig}(\varphi,\lambda) &= \Bigl\{ v \in \mathcal{V} \mid \varphi(v) = \lambda v \Bigr\}. \end{align*}

Ist die Dimension des Eigenraums größer als \(1\), existieren also mehrere linear unabhängige Eigenvektoren zum Eigenwert \(\lambda\), so wird der Eigenwert \(\lambda\) als entartet bezeichnet. Die Dimension des Eigenraums wird als geometrische Vielfachheit des Eigenwerts \(\lambda\) bezeichnet.

Spektrum

Jede komplexe \(n \times n\) Matrix \(A \in \C^{n \times n}\) besitzt exakt \(n\) komplexe Eigenwerte, wobei einzelne Eigenwerte mehrfach vorkommen können – also mit einer Vielfachheit größer als 1. Seien \(\lambda_1,\ldots,\lambda_k\) die verschiedenen Eigenwerte mit \(1 \leq k \leq n\).

Die Menge aller Eigenwerte der Matrix \(A\) wird Spektrum genannt und als \(\sigma(A)\) geschrieben; es gilt:

\begin{align*} \sigma(A) &= \Bigl\{ \lambda_1, \ldots, \lambda_k \Bigr\} \\[0.5em] &= \Bigl\{ \lambda \in \C \mid \exists v \neq 0 : A v = \lambda v \Bigr\}. \end{align*}

Der größte Betrag aller Eigenwerte wird als Spektralradius bezeichnet.

Vielfachheit

Jede komplexe \(n \times n\) Matrix \(A \in \C^{n \times n}\) besitzt exakt \(n\) komplexe Eigenwerte, wobei einzelne Eigenwerte mehrfach vorkommen können – also mit einer Vielfachheit größer 1. Seien \(\lambda_1,\ldots,\lambda_k\) die verschiedenen Eigenwerte und \(\alpha_1,\ldots,\alpha_k\) die zugehörigen Vielfachheiten mit \(1 \leq k \leq n\) und \(\alpha_1 + \ldots + \alpha_k = n\).

Es gelten die folgenden Bezeichnungen:

  • Beim Wert \(\alpha_i\) handelt es sich um die Vielfachheit, wie oft der Eigenwert \(\lambda_i\) als Nullstelle des charakteristischen Polynoms \(\chi_A\) auftritt; er wird als algebraische Vielfachheit des Eigenwerts \(\lambda_i\) bezeichnet.
  • Bei der Dimension des Eigenraums \(\operatorname{Eig}(A,\lambda_i)\) handelt es sich um die geometrische Vielfachheit des Eigenwerts \(\lambda_i\).
  • Eigenwerte, deren algebraische Vielfachheit 1 beträgt, werden als einfache Eigenwerte bezeichnet.
  • Stimmt die algebraische und die geometrische Vielfachheit eines Eigenwerts überein, so wird er als halbeinfacher Eigenwert bezeichnet.

Verfahren zur Berechnung der Eigenwerte

Das charakteristische Polynom \(\chi_A(\lambda) = \det(\lambda \cdot E_n - A)\) der Matrix \(A\) spielt eine zentrale Rolle bei der Bestimmung der Eigenwerte von \(A\), denn diese entsprechen exakt den Nullstellen des charakteristischen Polynoms. Um die Eigenwerte einer linearen Abbildung \(\varphi: \mathcal{V} \rightarrow \mathcal{V}\) zu berechnen, muss zunächst eine Abbildungsmatrix für \(\varphi\) bestimmt werden; obwohl diese von der gewählten Basis des Vektorraums \(\mathcal{V}\) abhängt, hat die konkrete Basis keine Auswirkungen auf das charakteristische Polynom, sodass diese beliebig gewählt werden kann.

Für kleine Matrizen ist die Bestimmung der Nullstellen des charakteristischen Polynoms symbolisch möglich, für größere Matrizen oftmals nur (näherungsweise) mithilfe numerischer Verfahren. Es gilt:

  • Handelt es sich beim Körper \(\mathcal{K}\) um die reellen Zahlen \(\R\), so existieren maximal \(n\) reelle Nullstellen – und somit maximal \(n\) reelle Eigenwerte. Handelt es sich beim Grad \(n\) des charakteristischen Polynoms um eine ungerade Zahl, so existiert mindestens eine reelle Nullstelle – und somit mindestens ein reeller Eigenwert.
  • Handelt es sich beim Körper \(\mathcal{K}\) um die komplexen Zahlen \(\C\), so existieren exakt \(n\) komplexe Nullstellen – und somit exakt \(n\) komplexe Eigenwerte.

Dass es sich bei den Nullstellen des charakteristischen Polynoms genau um die Eigenwerte der Matrix handelt, kann wie folgt gezeigt werden. Hierbei seien \(\lambda \in \mathcal{K}\) ein Skalar und \(A \in \mathcal{K}^{n \times n}\) eine \(n \times n\) Matrix über dem Körper \(\mathcal{K}\).

\(\lambda\) ist ein Eigenwert der Matrix \(A\).
\(\Leftrightarrow\) Es gibt ein \(v \in \mathcal{K}^n\) mit \(v \neq 0\), für das \(Av=\lambda v\) gilt.
\(\Leftrightarrow\) Es gibt ein \(v \in \mathcal{K}^n\) mit \(v \neq 0\), für das \(\lambda v - Av = (\lambda \cdot E_n - A) \cdot v = 0\) gilt.
\(\Leftrightarrow\) Wegen \(v \neq 0\) besteht der Kern der Matrix \(\lambda \cdot E_n - A\) nicht nur aus dem Nullvektor; es gilt \(\Kern(\lambda \cdot E_n - A) \neq \bigl\{0\bigr\}\).
\(\Leftrightarrow\) Die durch die Matrix \(\lambda \cdot E_n - A\) beschriebene lineare Abbildung ist nicht injektiv.
\(\Leftrightarrow\) Die Matrix \(\lambda \cdot E_n - A\) ist nicht invertierbar.
\(\Leftrightarrow\) Es gilt \(\det(\lambda \cdot E_n - A) = 0\).
\(\Leftrightarrow\) \(\lambda\) ist eine Nullstelle des charakteristischen Polynoms der Matrix \(A\).

Beispiele

Beispiel 1

Gegeben sei die folgende Matrix \(A \in \R^{2 \times 2}\):

\[ A = \begin{bmatrix} 7 & -10 \\[0.25em] 5 & -8 \end{bmatrix}. \]

Zum Bestimmen der Eigenwerte der Matrix \(A\) muss zunächst das charakteristische Polynom \(\chi_A\) bestimmt werden; es gilt:

\begin{align*} \chi_A(\lambda) &= \det (\lambda \cdot E_2 - A) \\[0.5em] &= \det \begin{bmatrix} \lambda - 7 & 10 \\[0.25em] -5 & \lambda + 8 \end{bmatrix} \\[0.5em] &= \lambda^2 + \lambda - 6. \end{align*}

Anschließend müssen die Nullstellen des (quadratischen) Polynoms \(\chi_A(\lambda)\) bestimmt werden. Dies ist beispielsweise mithilfe der pq-Formel möglich; es gilt:

\begin{align*} \lambda_{1/2} &= - \frac{1}{2} \pm \sqrt{\frac{1^2}{4} - (-6)} \\[0.5em] &= - \frac{1}{2} \pm \sqrt{\frac{25}{4}} \\[0.5em] &= -\frac{1}{2} \pm \frac{5}{2} \\[1em] \Rightarrow \lambda_1 &= 2 \\[0.5em] \lambda_2 &= -3. \end{align*}

Die Matrix \(A\) besitzt somit die beiden einfachen (reellen) Eigenwerte \(\lambda_1 = 2\) und \(\lambda_2 = -3\).

Beispiel 2

Gegeben sei die folgende Matrix \(B \in \R^{3 \times 3}\):

\[ B = \begin{bmatrix} 5 & -3 & -6 \\[0.25em] 0 & 2 & 0 \\[0.25em] 3 & -3 & -4 \end{bmatrix}. \]

Zum Bestimmen der Eigenwerte der Matrix \(B\) muss zunächst das charakteristische Polynom \(\chi_B\) bestimmt werden; es gilt:

\begin{align*} \chi_B(\lambda) &= \det (\lambda \cdot E_3 - B) \\[0.5em] &= \det \begin{bmatrix} \lambda - 5 & 3 & 6 \\[0.25em] 0 & \lambda - 2 & 0 \\[0.25em] -3 & 3 & \lambda + 4 \end{bmatrix} \\[0.5em] &= \lambda^3 - 3 \lambda^2 + 4. \end{align*}

Anschließend müssen die Nullstellen des (kubischen) Polynoms \(\chi_B(\lambda)\) bestimmt werden. Es gilt:

\begin{align*} \lambda_1 &= -1 \\[0.5em] \lambda_{2/3} &= 2. \end{align*}

Die Matrix \(B\) besitzt somit die reellen Eigenwerte \(\lambda_1 = -1\) und \(\lambda_{2/3} = 2\) mit den algebraischen Vielfachheiten \(\alpha_1=1\) und \(\alpha_{2/3}=2\).

Eigenschaften

Für Eigenwerte gelten unter anderem die folgenden Eigenschaften:

  • Handelt es sich bei \(\lambda_i\) um die Eigenwerte einer Matrix \(A \in \mathcal{K}^{n \times n}\) so gilt:
    \begin{align*} \sum\limits_{i=1}^{n}{\lambda_i} &= \tr(A) \\[0.5em] \prod\limits_{i=1}^{n}{\lambda_i} &= \det(A). \end{align*}
    Die Summe der Eigenwerte entspricht der Spur \(\tr(A)\) der Matrix \(A\); das Produkt der Eigenwerte entspricht der Determinante \(\det(A)\) der Matrix \(A\). Bei beiden Formeln müssen die Vielfachheiten der Eigenwerte berücksichtigt werden; diese müssen entsprechend oft als Summand bzw. Faktor verwendet werden.
  • Handelt es sich bei \(\lambda\) um einen Eigenwert einer invertierbaren Matrix \(A\) zum Eigenvektor \(v\), dann handelt es sich bei \(\lambda^{-1}\) um einen Eigenwert der inversen Matrix \(A^{-1}\) zum selben Eigenvektor \(v\).
  • Das Spektrum einer Matrix \(A\) entspricht dem Spektrum der transponierten Matrix \(A^T\); es gilt:
    \[ \sigma(A) = \sigma\left(A^T\right). \]
  • Jede quadratische Matrix \(A\) über dem Körper \(\C\) der komplexen Zahlen ist ähnlich zu einer oberen Dreiecksmatrix \(B\). Die Eigenwerte von \(A\) entsprechen dabei exakt den Einträgen der Hauptdiagonale der Matrix \(B\).
  • Eigenvektoren zum Eigenwert \(1\) sind Fixpunkte in der Abbildungsgeometrie.