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Ring (Algebra)

Bei einem Ring handelt es sich um eine algebraische Struktur, die aus einer Menge und zwei darauf definierten inneren zweistelligen Verknüpfungen besteht, und zwar aus einer Addition und einer Multiplikation, deren Eigenschaften denen der Addition und der Multiplikation von ganzen Zahlen entsprechen. Die zugrundeliegende Menge ist hierbei nicht auf Zahlen beschränkt, sondern kann auch nichtnumerische Elemente wie Polynome, Matrizen, Funktionen oder Potenzreihen beinhalten.

Definitionen

Ring

Bei einem Ring \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) handelt es sich um eine algebraische Struktur, die aus einer Trägermenge \(R\) und zwei auf dieser Menge definierten inneren zweistelligen Verknüpfungen besteht: aus einer Addition \(\oplus: R \times R \rightarrow R\) und einer Multiplikation \(\odot: R \times R \rightarrow R\). Es handelt sich bei \(\bigl(R,\oplus\bigr)\) um eine kommutative Gruppe und bei \(\bigl(R,\odot\bigr)\) um eine Halbgruppe.

Für die Verknüpfung \(\oplus\) gelten die folgenden Eigenschaften:

  • Die Trägermenge \(R\) ist bezüglich der Verknüpfung $\oplus$ abgeschlossen:
    \[ \forall a,b \in R: a \oplus b \in R. \]
  • Die Verknüpfung \(\oplus\) ist assoziativ:
    \[ \forall a,b,c \in R: \bigl( a \oplus b \bigr) \oplus c = a \oplus \bigl( b \oplus c \bigr) = a \oplus b \oplus c. \]
  • Es existiert ein additives neutrales Element \(e_{\oplus} \in R\):
    \[ \forall a \in R: e_{\oplus} \oplus a = a = a \oplus e_{\oplus}. \]
    Das neutrale Element \(e_{\oplus}\) ist eindeutig bestimmt und sowohl links- als auch rechtsneutral bezüglich der Verknüpfung \(\oplus\).
  • Zu jedem Element \(a \in R\) existiert ein additives inverses Element \(a_{\oplus}^{-1} \in R\), für das gilt:
    \[ a_{\oplus}^{-1} \oplus a = e_{\oplus} = a \oplus a_{\oplus}^{-1}. \]
    Das inverse Element \(a_{\oplus}^{-1}\) von \(a\) ist eindeutig bestimmt und sowohl links- als auch rechtsinvers.
  • Die Verknüpfung \(\oplus\) ist kommutativ:
    \[ \forall a,b \in R: a \oplus b = b \oplus a. \]

Für die Verknüpfung \(\odot\) gelten die folgenden Eigenschaften:

  • Die Trägermenge \(R\) ist bezüglich der Verknüpfung \(\odot\) abgeschlossen:
    \[ \forall a,b \in R: a \odot b \in R. \]
  • Die Verknüpfung \(\odot\) ist assoziativ:
    \[ \forall a,b,c \in R: \bigl( a \odot b \bigr) \odot c = a \odot \bigl( b \odot c \bigr) = a \odot b \odot c. \]

Darüber hinaus gilt:

  • Die Verknüpfung \(\odot\) ist distributiv bezüglich der Verknüpfung \(\oplus\). Für alle \(a,b,c \in R\) gilt:
    \begin{align*} a \odot \bigl( b \oplus c \bigr) &= \bigl( a \odot b \bigr) \oplus \bigl( a \odot c \bigr) \\[0.5em] \bigl( a \oplus b \bigr) \odot c &= \bigl( a \odot c \bigr) \oplus \bigl( b \odot c \bigr). \end{align*}

Kommutativer Ring

Ein Ring \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) wird kommutativer Ring genannt, falls über die üblichen Ringeigenschaften hinaus zusätzlich die folgende Eigenschaft gilt:

  • Die Verknüpfung \(\odot\) ist kommutativ:
    \[ \forall a,b \in R: a \odot b = b \odot a. \]

Ring mit Eins (unitärer Ring)

Ein Ring \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) wird Ring mit Eins bzw. unitärer Ring genannt, falls über die üblichen Ringeigenschaften hinaus zusätzlich die folgende Eigenschaft gilt:

  • Es existiert ein multiplikatives neutrales Element \(e_{\odot} \in R\):
    \[ \forall a \in R: e_{\odot} \odot a = a = a \odot e_{\odot}. \]
    Das neutrale Element \(e_{\odot}\) ist eindeutig bestimmt und sowohl links- als auch rechtsneutral bezüglich der Verknüpfung \(\odot\).

Kommutativer Ring mit Eins

Ein Ring \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) wird kommutativer Ring mit Eins genannt, wenn es sich sowohl um einen kommutativen Ring als auch um einen Ring mit Eins handelt.

Unterring

Seien \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) ein Ring und \(U \subseteq R\) eine Teilmenge der Trägermenge \(R\). Es handelt sich bei \(\mathcal{U} = \bigl(U,\oplus,\odot\bigr)\) um einen Unterring von \(\mathcal{R}\), falls es sich bei \(\mathcal{U}\) ebenfalls um einen Ring handelt. Dies ist genau dann der Fall, wenn es sich bei \(\bigl(U,\oplus\bigr)\) um eine Untergruppe von \(\bigl(R,\oplus\bigr)\) und bei \(\bigl(U,\odot\bigr)\) um eine Unterhalbgruppe von \(\bigl(R,\odot\bigr)\) handelt, d. h., wenn die folgenden Eigenschaften gelten:

  • Die Trägermenge \(U\) ist nichtleer:
    \[ U \neq \emptyset. \]
  • Die Trägermenge \(U\) ist bezüglich der Verknüpfungen \(\oplus\) und \(\odot\) abgeschlossen:
    \[ \forall a,b \in U: a \oplus b \in U \wedge a \odot b \in U. \]
  • Die Trägermenge \(U\) enthält die inversen Elemente bzgl. der Verknüpfung \(\oplus\):
    \[ \forall a \in U: a_{\oplus}^{-1} \in U. \]

Hinweis: Die Assoziativität, Kommutativität und Distributivität der Verknüpfungen \(\oplus\) und \(\odot\) für die Elemente aus \(U\) gilt implizit aufgrund der Assoziativität, Kommutativität und Distributivität in \(\mathcal{R}\) und muss nicht separat überprüft werden.

Der Ring \(\mathcal{R}\) wird Oberring von \(\mathcal{U}\) genannt.

Ringhomomorphismus

Hauptartikel: Ringhomomorphismus

Eine Abbildung \(\varphi: R_1 \rightarrow R_2\) zwischen den Trägermengen zweier Ringe \(\mathcal{R}_1 = \bigl(R_1,\oplus,\odot \bigr)\) und \(\mathcal{R}_2 = \bigl(R_2,\boxplus,\boxdot\bigr)\) wird Ringhomomorphismus genannt, falls die folgenden Eigenschaften gelten:

  • Die Abbildung \(\varphi\) ist strukturerhaltend:
    \[ \begin{align*} \forall a,b \in R_1: &\ \varphi(a \oplus b) = \varphi(a) \boxplus \varphi(b) \\[0.5em] &\ \varphi(a \odot b) = \varphi(a) \boxdot \varphi(b). \end{align*} \]
  • Für Ringe mit Eins werden die Einselemente aufeinander abgebildet:
    \[ \varphi(e_\odot) = e_\boxdot. \]

Ist die Abbildung \(\varphi\) darüber hinaus bijektiv, so handelt es sich bei \(\varphi\) um einen Ringisomorphismus und die Ringe \(\mathcal{R}_1\) und \(\mathcal{R}_2\) sind isomorph.

Notation

Oftmals wird für die Verknüpfung \(\oplus\) die von Gruppen bekannte additive Schreibweise verwendet: Anstelle des Operators \(\oplus\) wird das Pluszeichen \(+\) verwendet. Das neutrale Element \(e_{\oplus}\) wird dann als Nullelement bezeichnet und durch das Symbol \(0\) oder \(0_R\) dargestellt. Das zu \(a \in R\) bezüglich der Verknüpfung \(\oplus\) inverse Element \(a_\oplus^{-1}\) wird als \(-a\) geschrieben.

Oftmals wird für die Verknüpfung \(\odot\) die von Gruppen bekannte multiplikative Schreibweise verwendet: Anstelle des Operators \(\odot\) wird der Malpunkt \(\cdot\) verwendet. Das neutrale Element \(e_{\odot}\), falls vorhanden, wird dann als Einselement bezeichnet und durch das Symbol \(1\) oder \(1_R\) dargestellt. Das zu \(a \in R\) bezüglich der Verknüpfung \(\odot\) inverse Elemente \(a_\odot^{-1}\), falls vorhanden, wird als \(a^{-1}\) geschrieben.

Eigenschaften

Teiler

Seien \(a,b \in R\) Elemente eines Rings \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\). Das Element \(a\) wird

  • linker Teiler (auch Linksteiler) von \(b\) genannt, falls es ein \(x \in R\) mit \(a \odot x = b\) gibt. Das Element \(b\) wird rechtes Vielfaches von \(a\) genannt.
  • rechter Teiler (auch Rechtsteiler) von \(b\) genannt, falls es ein \(x \in R\) mit \(x \odot a = b\) gibt. Das Element \(b\) wird linkes Vielfaches von \(a\) genannt.
  • Teiler von \(b\) genannt, falls es ein linker und rechter Teiler ist. Dies ist beispielsweise in kommutativen Ringen stets der Fall. Ist \(a\) ein Teiler von \(b\), so kann dies als \(a \mid b\) geschrieben werden.

Nullteiler

Ein Element \(a \in R\) eines Rings \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) wird

  • Linksnullteiler genannt, falls es ein \(b \in R \setminus\{e_\oplus\}\) gibt, für das \(a \odot b = e_\oplus\) gilt;
  • Rechtsnullteiler genannt, falls es ein \(b \in R \setminus\{e_\oplus\}\) gibt, für das \(b \odot a = e_\oplus\) gilt;
  • (zweiseitiger) Nullteiler genannt, falls es sowohl Links- als auch Rechtsnullteiler ist.

Invertierbarkeit und Einheit

Hauptartikel: Inverses Element

Ein Element \(a \in R\) eines Rings mit Eins \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) wird

  • linksinvertierbar genannt, wenn es ein \(x \in R\) mit \(x \odot a = e_\odot\) gibt. Das Element \(x\) wird Linksinverses von \(\mathbf{a}\) genannt;
  • rechtsinvertierbar genannt, wenn es ein \(x \in R\) mit \(a \odot x = e_\odot\) gibt. Das Element \(x\) wird Rechtsinverses von \(\mathbf{a}\) genannt;
  • invertierbar genannt, wenn es sowohl links- als auch rechtsinvertierbar ist. Das Links- bzw. Rechtsinverse wird dann Inverses von \(\mathbf{a}\) genannt.

Ein (bezüglich \(\odot\)) invertierbares Element eines Rings wird auch Einheit des Rings genannt.

Einheitengruppe

Hauptartikel: Einheitengruppe

Die Menge der invertierbaren Elemente eines Rings \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\), die Einheiten, bilden gemeinsam mit der Multiplikation \(\odot\) des Rings eine Gruppe – die Einheitengruppe des Rings. Diese wird häufig als \(\mathcal{R}^\times\) oder auch als \(E(\mathcal{R})\) geschrieben.

Euklidischer Ring

In einem euklidischen Ring gibt es eine Division mit Rest. Dadurch kann der größte gemeinsame Teiler zweier Elemente mithilfe des euklidischen Algorithmus bestimmt werden.

Spezielle Ringe

Polynomringe

Hauptartikel: Polynomring

Handelt es sich bei \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) um einen kommutativen Ring mit Eins, so kann damit der Polynomring \(\mathcal{R}\lbrack x \rbrack\) gebildet werden, der sich aus den Polynomen mit Koeffizienten aus \(R\) und der Variablen \(x\) sowie aus der Addition und der Multiplikation von Polynomen zusammensetzt.

Matrizenringe

Hauptartikel: Matrizenring

Handelt es sich bei \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) um einen Ring mit Eins, so kann für eine natürliche Zahl \(n\) der Matrizenring \(\mathcal{R}^{n \times n}\) gebildet werden, der sich aus den quadratischen Matrizen mit Einträgen aus \(R\) sowie aus der Addition und der Multiplikation von Matrizen zusammensetzt.

Direktes Produkt

Handelt es sich bei \(\mathcal{R} = \bigl(R,\oplus,\odot\bigr)\) und \(\mathcal{S} = \bigl(S,\boxplus,\boxdot\bigr)\) um zwei Ringe, so bildet das kartesische Produkt \(R \times S\) gemeinsam mit den folgenden Operationen einen Ring:

\begin{align*} \bigl(r_1,s_1\bigr) + \bigl(r_2,s_2\bigr) &= \bigl( r_1 \oplus r_2,\ s_1 \boxplus s_2 \bigr) \\[1em] \bigl(r_1,s_1\bigr) \cdot \bigl(r_2,s_2\bigr) &= \bigl( r_1 \odot r_2,\ s_1 \boxdot s_2 \bigr). \end{align*}

Die Gültigkeit der Distributivgesetze in \(R\) und \(S\) überträgt sich unmittelbar auf das kartesische Produkt \(R \times S\). Handelt es sich bei den Ringen \(\mathcal{R}\) und \(\mathcal{S}\) um Ringe mit Eins, dann ist auch \(\mathcal{R} \times \mathcal{S}\) ein Ring mit Eins – mit dem Einselement \((1_R, 1_S) = (e_\odot, e_\boxdot)\).

Dieselbe Konstruktion kann auf das kartesische Produkt mehrerer Ringe \(\mathcal{R}_1,\ldots,\mathcal{R}_n\) übertragen werden: Der Ring \(\mathcal{R}_1 \times\ldots\times \mathcal{R}_n\) wird direktes Produkt der Ringe \(\mathcal{R}_1,\ldots,\mathcal{R}_n\) genannt.

Beispiele

Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um einige exemplarische Ringe:

  • Die Menge der ganzen Zahlen bildet mit der gewöhnlichen Addition und Multiplikation einen kommutativen Ring mit Eins.
  • Die Menge aller durch \(n\) teilbaren ganzen Zahlen \(n\Z\) bildet mit der gewöhnlichen Addition und Multiplikation ganzer Zahlen einen kommutativen Ring (ohne Eins).
  • Die Menge der Restklassen modulo \(m\) bildet zusammen mit der Addition und der Multiplikation von Restklassen modulo \(m\) den Restklassenring \(\bigl(\Z_m,+,\cdot\bigr)\).
  • Die Potenzmenge \(\mathcal{P}(M)\) einer Menge \(M\) bildet zusammen mit der symmetrischen Differenz \(\triangle\) und dem Schnitt \(\cap\) von Mengen einen kommutativen unitären Ring \(\bigl(\mathcal{P}(M),\triangle,\cap\bigr)\).
  • Der nur aus einem Element bestehende Nullring ist ein kommutativer unitärer Ring.
  • Generell gilt: Bei allen Körpern handelt es sich um Ringe.