Logarithmisches Differenzieren
Logarithmisches Differenzieren (auch logarithmische Differentiation genannt) ist ein Verfahren in der Differentialrechnung, bei dem die abzuleitende Funktion zunächst logarithmiert und anschließend differenziert wird. Logarithmisches Differenzieren kann beispielsweise verwendet werden,
- um die Ableitung eines Produkts zu berechnen, wenn die Produktregel sehr aufwendig wäre – insbesondere bei Produkten von mehreren Funktionen;
- um die Ableitung eines Quotienten zu berechnen, ohne die Quotientenregel zu verwenden;
- um die Ableitung einer Potenz zu berechnen, die sowohl in der Basis als auch im Exponenten von der Variable abhängt, wenn also weder die Ableitungsregel für Potenzfunktionen noch die Ableitungsregel für Exponentialfunktionen angewendet werden kann.
Dieser Artikel bietet eine detaillierte Beschreibung des logarithmischen Differenzierens von Produkten aus zwei oder mehr Funktionen, von Quotienten sowie von Potenzen mit variabler Basis und variablem Exponenten und demonstriert das Verfahren anhand ausgewählter Beispiele.
Produkte
Produkte von zwei Funktionen
Logarithmisches Differenzieren kann zum Ableiten von Produkten von zwei Funktionen verwendet werden, ohne dabei auf die Produktregel zurückgreifen zu müssen. Gegeben sei das folgende Produkt $f$ aus den beiden differenzierbaren Funktionen $u$ und $v$:
Die Ableitung $f'$ des Produkts ergibt sich wie folgt durch logarithmisches Differenzieren:
Erklärungen zu den Schritten | |
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Die im letzten Schritt erhaltene Gleichung entspricht der Produktregel für die Ableitung des Produkts von zwei Funktionen.
Produkte von mehreren Funktionen
Logarithmisches Differenzieren kann zum Ableiten von Produkten von $n$ Funktionen verwendet werden, ohne dabei auf die Produktregel zurückgreifen zu müssen. Gegeben sei das folgende Produkt $f$ aus den $n$ differenzierbaren Funktionen $f_1, \ldots, f_n$ (mit $n \in \N$ und $n \geq 2$):
Die Ableitung $f'$ des Produkts ergibt sich durch logarithmisches Differenzieren wie folgt (mit denselben Erklärungen wie im Fall $n=2$):
Die im letzten Schritt erhaltene Gleichung entspricht der Produktregel für die Ableitung des Produkts von mehreren Funktionen.
Beispiel: Logarithmisches Differenzieren eines Produkts
Das folgende Beispiel demonstriert das logarithmische Differenzieren für das Produkt von drei Funktionen. Gegeben sei die Funktion
bei der es sich um das Produkt der Potenzfunktion $x^2$, der Sinus-Funktion $\sin(x)$ und der Exponentialfunktion $e^x$ handelt. Da alle Funktionen auf ihrem gesamten Definitionsbereich differenzierbar sind, kann die Ableitung des Produkt mithilfe von logarithmischem Differenzieren bestimmt werden.
Zunächst wird die Gleichung logarithmiert und die rechte Seite mithilfe von Logarithmusgesetz I-a, Logarithmusgesetz II und der Eigenschaft, dass es sich bei der Logarithmusfunktion um die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion handelt, vereinfacht:
Anschließend kann die Funktion mithilfe der Ableitungsregel der Logarithmusfunktion, der Ableitungsregel der Sinus-Funktion, der Ableitungsregel der Potenzfunktion sowie der Summenregel und der Kettenregel nach der Variable $x$ abgeleitet werden. Es gilt:
Multiplikation der Gleichung mit der Funktion $f$ sowie anschließendes Zusammenfassen liefert die gesuchte Ableitung:
Quotienten
Logarithmisches Differenzieren kann zum Ableiten von Quotienten von zwei Funktionen verwendet werden, ohne dabei auf die Quotientenregel zurückgreifen zu müssen. Gegeben sei der folgende Quotient $f$ aus den beiden differenzierbaren Funktionen $u$ und $v$ (mit $v \neq 0$):
Die Ableitung $f'$ des Quotienten ergibt sich mittels logarithmischem Differenzieren wie folgt:
Erklärungen zu den Schritten | |
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Die im letzten Schritt erhaltene Gleichung entspricht der Quotientenregel für die Ableitung des Quotienten von zwei Funktionen.
Beispiel: Logarithmisches Differenzieren eines Quotienten
Das folgende Beispiel demonstriert das logarithmische Differenzieren für den Quotienten von zwei Funktionen. Gegeben sei die Funktion
bei der es sich um den Quotienten der Exponentialfunktion $e^x$ und der Potenzfunktion $x^4$ handelt. Da beide Funktionen auf ihrem gesamten Definitionsbereich differenzierbar sind, kann die Ableitung des Quotienten mithilfe von logarithmischem Differenzieren bestimmt werden.
Zunächst wird die Gleichung logarithmiert und die rechte Seite mithilfe von Logarithmusgesetz I-b, Logarithmusgesetz II und der Eigenschaft, dass es sich bei der Logarithmusfunktion um die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion handelt, vereinfacht:
Anschließend kann die Funktion mithilfe der Ableitungsregel der Potenzfunktion, der Ableitungsregel der Logarithmusfunktion und der Summenregel nach der Variable $x$ abgeleitet werden. Es gilt:
Multiplikation der Gleichung mit der Funktion $f$ sowie anschließendes Zusammenfassen liefert die gesuchte Ableitung:
Potenzen, deren Basis und Exponent variabel sind
Logarithmisches Differenzieren kann zum Ableiten von Potenzen in der Form
verwendet werden, die weder mit der Ableitungsregel der Potenzfunktion noch mit der Ableitungsregel der Exponentialfunktion abgeleitet werden können, da sowohl die Basis als auch der Exponent von der Variable abhängen. Die Ableitung $f'$ ergibt sich durch logarithmisches Differenzieren wie folgt:
Erklärungen zu den Schritten | |
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(1) |
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Beispiel: Logarithmisches Differenzieren einer Potenz
Das folgende Beispiel demonstriert das logarithmische Differenzieren für die Potenz von zwei Funktionen. Gegeben sei die Funktion
bei der es sich um die Potenz der Potenzfunktion $x$ und der Kosinus-Funktion $\cos(x)$ handelt. Da beide Funktionen auf ihrem gesamten Definitionsbereich differenzierbar sind, kann die Ableitung des Quotienten mithilfe von logarithmischem Differenzieren bestimmt werden.
Zunächst wird die Gleichung logarithmiert und die rechte Seite mithilfe von Logarithmusgesetz II vereinfacht:
Anschließend kann die Funktion mithilfe der Ableitungsregel der Kosinus-Funktion, der Ableitungsregel der Logarithmusfunktion und der Produktregel nach der Variable $x$ abgeleitet werden. Es gilt:
Multiplikation der Gleichung mit der Funktion $f$ liefert die gesuchte Ableitung: